HEIMSUCHUNG Susanne Völlm & Stefan Schwill
Es gab unterschiedliche Kategorie von Zugereisten im Dorf. Da waren jene, die den Ort gewählt hatten, um ihren Lebensabend da zu verbringen. Ganz anders die polnischen Familien, die sich auf deutscher Seite besseren Wohnraum leisten konnten als im Umfeld von Stettin mit seinen steigenden Immobilienpreisen, deren Arbeitsplätze aber weiterhin in Polen lagen. Die, die kurz nach der Wende voller Enthusiasmus Höfe und Häuser gekauft hatten und deren Visionen mit dem Verlust von Arbeitsplätzen und an der Strukturschwäche der Region zerschellt waren.
Es waren sehr wenige, die wie Susanne und Stefan mit ungebrochenem Glauben an die Entwicklungsfähigkeit des Ortes und der Hoffnung auf eine adäquate Arbeit im nahen Umfeld seit gut zehn Jahren im Dorf lebten.
Mit meiner Ankunft waren sie gerade beim vierten Lehmanstrich der Wände ihres Wohnhauses angelangt. Auf dem Boden glitzerte Schaumglasgranulat. Die Dämmschicht wirkte wie ein edler Bodenbelag und betonte die Ästhetik der Lebensbaustelle auf der die beiden seit einer Dekade ihr Wirken entfalteten. Der Wunsch von einem Leben in Einklang schien sich in all ihrem Tun zu manifestieren.
Sie zeigten mir die "Babs", ein von den Baptisten einst als Kapelle genutztes Gebäude, in dem man wunderbar Filme zeigen könnte oder Konzerte veranstalten und die Scheune, der eine verheißungsvolle Zukunft als Heuhotel bestimmt ist. Die Eröffnung erfolgt allerdings frühestens in zehn Jahren.
Die Ziegen auf der Koppel glotzen mich an. Besonders Erik. Der feuchte Blick des Ziegenbockes ließ mich erröten. Leider litt er unter einer rechtsseitigen Arthrose, was ihn nicht gerade zum Adonis unter den Böcken machte. Ich liebte ihn trotzdem.