19.07.2013   KunstKiosk

W Ä H E

Wie ich es hasste, wenn es keinen nachbarschaftlichen Ausweg mehr gab und ich um das Kuchenbacken für die bevorstehende Schicht am KunstKiosk nicht drumrumkam.

Eines Morgens fand ich auf der Fußmatte vor meiner Wohnungstür eine kleine Ninjafigur. Gelinde gesagt, war ich über diesen Fund erstaunt. Das Objekt schien mir so gar nicht zufällig auf meinem Fußabtreter gelandet zu sein, nur waren eigentlich alle meine Nachbarn, angefangen bei Frau Dreblow, die schätzungsweise Mitte achtzig ist, Frau Andreas, die in ein paar Jahren achtzig werden wird und auch Tom, und Eileen mit irgendwas in den Zwanzigern, über das Spiel mit Plastikfiguren hinaus. Wollte mir jemand den Kampf ansagen?

Ich beschloss die Ninjafigur erst mal freundlich bei mir aufzunehmen und versuchte ihren Kampfeswillen unter der Dauerberieselung religiöser Sendungen von Radio Marija zu brechen.

Bis es eben wieder zu dem Punkt kam, dass die Verantwortung für die Verpflegung hungriger Radtouristen mit selbstgebackenem Kuchen am morgigen Tage ab zehn Uhr allein bei mir lag. Da machte ich mir die Ninjafigur zum Kumpel.
Und wieder einmal hatte mir meine Nachbarin Anke
Alles Gute gewünscht, als sie mir eine Packung mit sechs frisch gelegten Hühnereiern in die Hand drückte.
W Ä H E, sagte ich zu meinem neuen Kumpel. W Ä H E geht immer und mit allem, also heute mit Aprikose.

Der Ninja und ich als Lara Croft machten uns einen vergnüglichen Abend, zu dessen Ende wir die ultimative W Ä H E aus dem Backofen zogen - ein schon beinahe skulpturales Werk.

Sie war ein echter Renner am KunstKiosk. Nur als W Ä H E durfte ich den Kuchen auf der Schiefertafel nicht ankündigen. Das würde keiner verstehen, sagte mir die Schichtleiterin. Obwohl doch die erste urkundliche Erwähnung des Begriffs «wäye» bereits aus dem Jahr 1556 stammt.

Mein Ninja und ich jedenfalls waren definitiv ein gutes Stück voran gekommen auf der Suche nach dem Nirwana.